Original-Handbuch Bf 109 G-8: Nahaufklärer
Genehmigung vom “Reichsminister der Luftfahrt” vom November 1943 (Auszüge)
I. Kennzeichen der Bauausführung: A. Allgemeines
Flugzeuge der Baureihe Bf 109 G-8 werden als Nahaufklärer eingesetzt und können wahlweise für erhöhte Reichweite bzw. mit Abwurfwaffe unter clem Rumpf ausgerüstet werden.
Die Baureihe G-8 weist gegenüber der Baureihe G-6 folgende Abweichungen auf:
Rumpfwerk: Die Rumpfspanten 5 und 6 wurden zwecks Aufnahme der Bildgeräterahmen durch Querträger verstärkt. Ferner sind in den Rumpfboden zwei Sichtöffnungen für die Bildgeräte eingeschnitten.
Tragwerk: In der linken Flügelnase ist ein kreisförmiger Ausschnitt für den Lichtstrahl der Kleinbildkammer Robot II eingebaut.
B. Konstruktionsform: 1. Allgemeines
Freitragender einmotoriger Tiefdecker in Ganzmetallbauweise ausgeführt.
Abmessungen (s. Anlage 1):
- Spannweite 9,924 m
- Länge über alles . 8,94 m
- Größte Höhe in Spornlage 2,5 . m
- Spurweite . . . . 2,062 m.
2. Rumpfwerk
Der Rumpf hat elliptischen Querschnitt und ist in Schalenbauweise ausgeführt. Zur Erzielung einer glatten Außenfläche ist Versenknietung angewandt. Die aus plattiertem Duralblech bestehende Beplankung nimmt die Biege- -und Verdrehungskräfte auf. Zur Versteifung dienen angebördelte Spanten und Profile.
Der Rumpf wird in Motorraum, Führerraum und Rumpfende unterteilt. Am Rumpfende ist der Leitwerkstrüger angeordnet.
Anordnung von Panzerplatten zum Schutz von Flugzeugführer und Kraftstoffbehälter gegen Beschuß von hinten.
3. Fahrwerk
Das Fahrwerk besteht aus zwei freitragenden, seitlich in die Tragfläche einschwenkbaren Federbeinen und einem nicht einziehbaren Sporn. Die Betätigung des Fahrwerks erfolgt durch Drucköl. Bei Versagen der Druckölanlage kann das Fahrwerk durch Notbetätigung von Hand ausgefahren werden.
4. Leitwerk
Das Leitwerk besteht aus Höhen- und Seitenleitwerk sowie zwei Querrudern. Die Höhenflosse ist freitragend und vom Führerraum aus verstellbar. Höhen- und Seitenflosse sind auf dem Leitwerksträger befestigt.
Zum Ausgleich des Luftschraubendrehmomentes ist das Profil der Seitenflosse unsymmetrisch ausgeführt. Höhen- und Seitenflosse sind beplankt; Höhen-, Seiten- und Querruder mit Stoff bespannt.
5. Steuerwerk
Höhen- und Quersteuerung werden durch Handkraft (Steuerknüppel), Seitensteuerung durch Fußkraft (Fußhebel) betätigt. Zur übertragung der Steuerkräfte werden Stoßstangen sowie Drahtzüge verwendet, die an den Durchtrittsstellen aus dem Rumpf gelagert sind. Die Übertragungshebel sind kugelgelagert und sämtliche Gelenkteile der Steuerung sind elektrisch überbrückt.
6. Tragwerk
Das freitragende Tragwerk ist in Ganzmetallbauweise ausgeführt und besteht aus zwei Tragflächenhälften, die mit je drei Anschlüssen am Rumpf befestigt sind. Als Landehilfe wirkende Kühlerklappen, mit Landeklappen gekuppelt. Vorflügel.
7. Triebwerk
a. Motor: Der DB 605-Motor ist ein flüssigkeitsgekühlter Einspritzmotor mit je zwei Zylinderblöcken zu je sechs Zylindern, die in V-Form unter 60° hängend angeordnet sind.
- Luftschraubenuntersetzung DB 605A 1:1,685.
- Drehsinn der Kurbelwelle links
- Drehsinn der Luftschraubenwelle rechts
- Leistungsangaben für DB 605A s. Motor-Handbuch.
b. Luftschraube: Dreiflügelige VDM-Verstell-Luftschraube mit elektro-mechanischer Verstellautomatik.
c. Kraftstoffanlage: Ein SG-Kraftstoffbehälter ist im Rumpf unter und hinter dem Führersitz angeordnet. Fassungsvermögen 400 Liter.
Zur Vergrößerung der Reichweite (Rüstsatz 3) kann wahlweise ein unter dem Rumpf. hängender, abwerfbarer, mit 300 Ltr. Kraftstoff auffüllbarer Zusatzbehälter angebaut werden.
Kraftstoffentnahme aus dem Hauptbehälter. Nachfüllen des Hauptbehälters aus Zusatzbehälter durch Ladedruck.
d. Schmierstoffanlage: Ein Schmierstoff-Ringbehälter ist an Motorstirnseite angeordnet und mit 36,8 Ltr. Schmierstoff (+ 6 Ltr. Luftraum) auffüllbar.
Schmierstoffkühler in unterer Triebwerkshaube. Automatische Kühlerklappenbetätigung mittels Drucköl über Thermostat. Anlage ist mit Kaltstartanlage versehen.
e. Kühlstoffanlage: Je ein Kühlstoff-Ausgleichsbehälter am linken und rechten Motorträger. Je ein Kühlstoffkühler unter der linken und rechten Tragfläche. Automatische Kühlerklappenbetätigung mittels Drucköl über Thermostat.
Abschaltung der Kühlstoffkühler vom Kühlstoffkreislauf mittels Abschaltventilen bei Beschädigungen ist möglich.
Kühlerklappen mit Landeklappen gekuppelt.
f. Triebwerksbedienung: Triebwerksbedienung über Gestänge und Seilzüge, die an den Durchtrittsstellen durch die Kabine gelagert sind.
g. Winterstarthilfe: Erhöhung der Startbereitschaft bei polarem Klima durch Azetylenanlage, Zündzeitpunktverstellung und Schmierstoffkühlerabdeckung.
8. Ausrüstung
a. Allgemeine Ausrüstung: An Geräten der allgemeinen Ausrüstung sind Flugüberwachungs- und Navigationsgeräte, Triebwerküberwachungs- und Sicherheitsgeräte eingebaut. Die Anzeigegeräte sind größtenteils auf dem Gerätebrett angeordnet.
Führerausrüstung: Sitzfallschirm und Seenotausrüstung. Höhenatmeranlage, bestehend aus einem umsteuerbaren Höhenatmer und vier Sauerstoff-Kugelflaschen.
b. Elektrische Anlage:
- 1 Stromerzeuger von 1000 Watt bei 24 Vo!t Netzspannung.
- 1 Sammler 7,5 Amperestunden.
- Ferntrennschalter trennt Sammler vom Bordnetz.
Elektrisch werden betätigt:
- a. Verstell-Luftschraube
- b. Anzeigevorrichtungen -
- c. Kraftstoffbehälterpumpe
- d. Schußwaffenanlage und zusätzliche Abwurfwaffenanlage
- e. Lichtbildgeräte
c. Druckölanlage: Durch Drucköl werden betätigt:
- a. Fahrwerk
- b. Schmierstofkühlerklappen
- c. Kühlstoffkühlerklappen.
d. Bordfunkanlage: Die Bordfunkausrüstung umfaßt die Bordfunkgerätesätze FuG 17 und FuG 25a sowie eine Peilrufanlage (Rüstsatz 7). FuG 17 wird abgelöst durch FuG 16 ZS.
e. Schußwaffenanlage: Diese Baureihe ist mit zwei durch den Luftschraubenkreis schießenden MG 131 sowie einem durch die Luftschraubenwelle schießenden MG 151/20 ausgerüstet.
Als Rüstsatz ist der Anbau von je einem MG 151/20 unter der linken bzw. rechten Tragfläche (Flächengondelbewaffnungen) möglich.
f. Lichtbildanlage: Es sind eingebaut:
- a. Eine Kleinbildkammer Robot II in der linken Flügelnase.
- b. Zwei Reihenbildner Rb 12,5/7x9 (wahlweise ein Rb 32/7x9) im Rumpfende zwischen Spant 5 und 6.
g. Abwurfwaffenanlage: An Stelle des Kraftstoff-Zusatzbehälters unter dem Rumpf kann ein wahlweiser Anbau von
- 1 ETC 500/IX b oder
- 4 ETC 50/VIII d
erfolgen. Die Beladung erfolgt mit
- 1 x SC 250 kg Bombe bzw.
- 1 x SD 250 kg Bombe bzw.
- 4 x SC 50 kg Bombe.
h. Tropenausrüstung: Für den Einsatz in den Tropen kann das Flugzeug zusätzlich mit einer Tropenausrüstung ausgestattet werden.
i. Rüstsätze: Wahlweise Anbaumöglichkeit nachstehender Rüstsätze unter Rumpf ist möglich:
- Rüstsatz 1: Abwurfwaffe 1 ETC 500/IX b oder
- Rüstsatz 2: Abwurfwaffe 4 ETC 50/VIII d oder
- Rüstsatz 3: 300 Ltr.-Kraftstoff-Zusatzbehälter
- Rüstsatz 6: 2 Flächengondeln mit je 1 MG 151/20.
II. Leistungen:
Siehe Kennblatt und Reichweitentabelle Bf 109 G-6.
III. Festigkeit und Flugbegrenzungen:
Das Flugzeug genügt den Bau- und Festigkeitsvorschriften des DLA vom Dezember 1936 sowie den Sonderlastannahmen hierzu. Es ist bestimmt für die Verwendungsgruppe H und entspricht den Anforderungen der Beanspruchungsgruppe 5 und 4 je nach Beladung.
Höchstzulässige Geschwindigkeiten:
- Flug bei voll angestellten Landeklappen = 250 km/h
- Flug mit ausgefahrenem Fahrwerk = 350 km/h
- Sturzflug = 750 km/h.
IV. Gewichte:
Siehe Ladeplan.
V. Schutzanstrich:
Der Schutzanstrich erfolgt nach der Oberflächenschutzliste 8 Os 109 F und S unter Verwendung von in der L. Dv. 521/1 angegebenen Flieglacken.
VI. Beförderungsmöglichkeit:
Für die Beförderung kann das Flugzeug auf einem Lastwagen mit Anhänger, für den Eisenbahntransport auf einem 10 m Rungenwagen verladen werden.
VII. Bordfunkanlage:
Die Bordfunkanlage umfaßt:
Funkgerätesatz FuG 16 ZY bestehend aus einem Geräteblock mit Sender S 16 Z, Empfänger E 16 ZY, Bediengerät BG 16 ZY, Fernantrieben und Zielflugvorsatz ZVG 16 (im Rumpfende angeordnet).
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