Restaurierung textielbespannter Luftfahrzeuge: (Quelle: Luftwaffenmuseum)
Von den ersten Luftfahrtexperimenten angefangen bis zur Gegenwart war die Holz-Stoff-Bauweise eine zuverlässige Basis für die Konstruktion von Luftfahrzeugen. Ein skelettartiges Holzgerüst aus Holmen, Rippen und Leisten bildete eine stabile Außenkontur der Baugruppe. Der Stoff grenzte das Bauteil nach außen ab und bildete dessen Oberfläche. Eine Verspannung mit Stahlseilen kompensierte die Biegeanfälligkeit des Holzes und stabilisierte die Konstruktion weiter. Der Vorteil der Holz-Stoff-Bauweise war das außerordentlich gute Verhältnis von Gewicht zur Festigkeit, welches bis zur Erfindung des Duraluminiums durch Alfred Wilm 1906 nahezu konkurrenzlos war.
In der frühen Luftfahrt kamen dichtgewebte Baumwoll-, Seiden-, Leinenstoffe und Celluloseacetatgewebe zum Einsatz. Mittels einer Imprägnierung mit Spannlacken aus Cellulosenitrat und Celluloseacetat oder einer Gummierung erhielt der Stoff die erforderliche Spannung und wurde weitgehend wasserabweisend.
In der Zeit des Ersten Weltkrieges erreichte die Holz-Stoff-Bauweise im Tragflächenbau einen Höhepunkt. Die deutschen Riesenflugzeuge „Staaken Zeppelin R VI“ und „Siemens Schuckert R VIII“ erreichten mit dieser Bauweise Spannweiten von 42 bzw. 48 Metern. In einem geheimen Projekt versuchte die deutsche Fliegertruppe 1916 mit durchsichtigem Bespannstoff aus CelIon (Celluloseacetat) fast unsichtbare Flugzeuge zu entwickeln. Nach dem Aufkommen des Leichtmelallbaues Ende der 1920er Jahre blieb die Gemischtbauweise mit Metall-Holz-Stoff weiterhin sehr populär. Bis zur Gegenwart werden Höhen-, Quer- und Seiten-Ruder langsam fliegender Luftfahrzeuge oft mit Stoff bespannt.
Für die Restaurierung historischer Luftfahrzeuge sind die stoffbespannten Oberflächen eine Herausforderung, insbesondere wenn die Luftfahrzeuge im Freien ausgestellt werden müssen. Da die Imprägnierungen nicht vollständig wasserundurchlässig sind, saugen sich vor allen die Innenseiten mit Wasser voll und bilden Schimmelpilze. Durch den Pilzbefall und die Einwirkung von Kälte und Wärme wird das Gewebe abgebaut und die Belastbarkeit nimmt ab. Bei einer Ausstellung im Freien reißt die Bespannung innerhalb weniger Jahre ein und muss erneuert werden. Da in Museen authentische Originale erhalten werden sollen, ist dies ein großer Verlust für das historische Objekt. Die Spuren des Herstellungsprozesses und der Nutzung im Flugbetrieb, die ein Teil der Geschichte des Exponates sind, verschwinden.
Im MHM Flugplatz Berlin-Gatow werden daher stoffbespannte Flugzeuge - soweit es ihre Größe zulässt - in den Ausstellungshallen präsentiert. Nur sehr große Luftfahrzeuge, wie die Nord Avialion N2501 Noratlas und die C47 Dakota, müssen im Freien ausgestellt werden. Um einen besseren Witterungsschutz zu erzielen, haben wir seit einigen Jahren moderne Bespannstoffe auf Polyesterbasis im Einsatz. Die Verarbeitung dieser Gewebe ist deutlich einfacher, da die Straffung des Gewebes durch den Einsatz von Wärme erfolgt. Die synthetischen Fasern können keine Feuchtigkeit im Innern speichern und reduzieren damit die Schimmelneigung deutlich. Der Spannlackverbrauch ist geringer und die Produktivität bei der Verarbeitung des Materials ist deutlich höher. Seit April 2011 steht nun unsere Dakota mit der neuen Bespannung im Außenbereich und zeigt bisher keine Schädigungen der Bespannung.
Historische Fluginstrumente – strahlende Hinterlassenschaft:
Die ersten Cockpits der Luftfahrzeuge boten keine Anzeigeinstrumente, die dem Piloten Auskunft über die Lage des Flugzeuges in der Luft gaben. Allein durch fliegerische Erfahrung und der Orientierung an der Umgebung konnten Flüge erfolgreich durchgeführt werden. Neue Bordinstrumente wie der Gyrorector und der Wendezeiger gaben dem Piloten Auskunft über die Flugbewegungen. Dennoch waren die wenigen Instrumente bei Einbruch der Dunkelheit nicht mehr zu erkennen.
Anfang der 1920er Jahre stieg der Bedarf auch nachts fliegen zu können. Gerade für die Postbeförderung bot der Nachtflug eine erhebliche Verkürzung der Beförderungsdauer. 1924 begann der Junkers Luftverkehr mit ersten Nachtflugversuchen von Berlin über Warnemünde nach Schweden. Bis zur ersten planmäßig betriebene Nachtflugstrecke der Deutschen Luft Hansa von Berlin nach Königsberg vergingen nur zwei Jahre. Im Abstand von ca. 30 Kilometer wiesen Drehscheinweifer den Piloten den Weg. Auch die Instrumente mussten während des Nachtfluges ausreichend beleuchtet sein. Deshalb verwendeten die Hersteller von Luftfahrzeuginstrumenten radioaktive Leuchtmassen um Zeiger, Ziffern und Teilstriche einer Instrumentenskala im Dunkeln sichtbar zu machen.
In Deutschland war ab den 1920er Jahren die Toran-Gesellschaft Lieferant für radioaktive Leuchtfarbe. Hergestellt wurden Leuchtfarben mit Radium, Radiothor und Mesothor. Nahezu alle Hersteller von Luftfahrzeuginstrumenten benutzten die strahlende Beleuchtung. Aber auch in die privaten Haushalte zog die radioaktive Leuchtfarbe ein. Sportkompasse, Armbanduhren und Wecker erhielten die gefährlichen Leuchtschriften.
Bis in die 1970er Jahre blieb es weltweit bei einem relativ sorglosen Umgang mit diesen radioaktiven Materialien, obwohl bereits in den 1920er Jahren der Prozess der Zifferblattmalerinnen gegen die US Radium Corporation die Gefährlichkeit dieser Leuchtfarben aufzeigte. Ab den 1970er Jahren begann schrittweise der Austausch der Radiumleuchtfarbe gegen ungefährlichere Leuchtfarben mit Betastrahlern Pm147 und H3.
Gegenwärtig ist der Einsatz radiumhaitiger radioaktiver Leuchtfarben verboten. Auch die ungefährlicheren Betastrahler dürfen die Freigrenzen nach der Strahlenschutzverordnung nicht übersteigen. Die Konstruktionen müssen sicherstellen, dass keine Kontamination oder Inkorporation moglich ist.
Das nicht verlöschende Licht – radioaktive Leuchtfarbe:
Friedrich Oskar Giesel wagte den ersten Schritt zur industriellen Verwertung der Radioaktivität und produzierte in der Braunschweiger Chinin-Fabrik die ersten Radionuklide zum Verkauf für internationale Physiker. Er entdeckte die Phosphoreszenz von Zinksulfid durch Alpha-Strahlung. Zinksulfid besitzt die Eigenschaft zum Elektronensprung. Wenn Elektronen durch die Energie der radioaktiven Strahlung angeregt werden, erreichen diese einen höheren Energiegehalt. Nach einiger Zeit springen diese Elektronen zurück und senden dabei einen Lichtblitz aus. Durch Vermengen des Zinksulfids mit Radiuinsalz erzeugte Giesel um 1903 die ersten radioaktiven Leuchtmassen in Europa. Dieses Prinzip fand viele Nutzer. Dr. George F. Kunz patentierte 1904 in den USA eine radioaktive Leuchtmasse zur Belegung von Zifferblättern von Uhren. Das Radium für die Uhren importierte der Hersteller aus Europa.
Die zunehmende Anwendung der radioaktiven Leuchtmassen erfolgte in den Jahren des ersten Weltkrieges. Die US Radium Corporation in Orange (New Jersey) produzierte von 1917-1926 radioaktive Leuchtfarbe unter der Bezeichnung „UNDARK" ebenfalls mit Radium. Am 23. März 1916 patentierte Guido Panerai einen Leuchtstoff mit der Bezeichnung „RADIOMIR", weIcher aus Zinksulfid und Radiumbromid bestand. Besonders bekannt wurden die für die italienische Marine ab 1938 hergestellten Taucheruhren Panerai Radiomir.
Die von den Leuchtfarben ausgehende Gefahr wurde von den Herstellern unterschätzt. Die Zifferblattmalerinnen spitzten aus der Form geratene Pinsel im Mund wieder an und bekamen Farbspritzer beim Anrühren und Verarbeiten der Farbe auf die Haut. In der Folge entstanden schleichend schwerste organische Schädigungen, Radiumkiefer bis hin zur tödlichen Radiumvergiftung. Die ersten bekannten Opfer waren die Zifferblattmalerinnen der US Radium Corporation. In einem langwierigen Gerichtsprozess musste die US Radium Corporation Versäumnisse zum Schutz ihrer Mitarbeiterinneneingestehen. 1928 endete der Prozess mit einer Entschädigung der Mitarbeiter über 10.000 US-Dollar.
Radioaktivität – die unsichtbare Gefahr:
Radioaktive Stoffe hielten in der Geschichte der Luftfahrt an vielen Stellen Einzug in die Luftfahrzeuge. Sie dienten z.B. als Energiequelle in Zündboxen von Strahltriebwerken, als Legierungsbestandteil zur Verbesserung der Warmfestigkeit von Magnesiumlegierungen, als Enteisungsgeber und als Leuchtfarbe zur Instrumentenbeleuchtung für den Nachtflug.
Die Geschichte der Radioaktivität begann mit der Entdeckung der durchdringenden Wirkung unsichtbarer Strahlen von Uran-Kalium-Doppelsulfat im Jahre 1896 durch Henri Becquerel. Marie Curie untersuchte in den folgenden Jahren alle bekannten Elemente auf ihre radioaktive Strahlung hin und entdeckte dabei die Radioaktivität von Thorium, Radium und Polonium. Mit zunehmendem Forschungsstand konnten die Strahlungsarten in der heutigen Form entdeckt werden.
Die Radioaktive Strahlung natürlicher Radionuklide wird unterschieden in Alpha-Strahlung, Beta-Minus-Strahlung und Gamma-Strahlung.
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