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Luftwaffenmuseum Gatow

- Militärhistorisches Museum der Bundeswehr -

Flugabwehr, Ortungsgeräte und Raketen

Technische Daten: (Martin-Marietta Corp. fusionierte später mit Lockheed zu Lockheed-Martin)

Haupttriebwerk Allison J33-A-37
Art Strahlturbine
. mit Radialverdichter
Leistung 23,4 kN Schub
Boosterrakete Aerojet General
Art Feststoff-Rakete
Leistung 22 kN Schub für 3 sec.
Länge 12,1 m über alles
Flügelspannweite 8,75 m
Durchmesser 1,2 m
Höhe 2,95 m
Gewicht 5.400 kg
Geschwindigkeit 1.040 km/h, Mach 0,9
Gipfelhöhe 10.675 m
Reichweite anfangs 400 km,
. am Ende ca. 1.000 km
Bewaffnung Atombombe
Hersteller Martin-Marietta Corp.

Kurz nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges, Ende August 1945, hat die damalige USAAF (United States Army Air Force), die dann ab 1947 als USAF eine selbstständige Teilstreitkraft wurde, eine Ausschreibung zur Entwicklung eines unbemannten Flugkörpers an namhafte Firmen der US-Luftfahrtindustrie verschickt. Zur Orientierung der Firmen verwies die USAAF auf die 1943 gebaute deutsche Flugbombe Fieseler Fi 103 (V 1) "BUZ BOMB". So ungefähr waren die Vorstellungen, nur sollte die US-Entwicklung fast die Größe eines Jagdflugzeuges haben und in der Lage sein, einen konventionellen oder nuklearen Gefechtskopf mit einem Gewicht von über 1000 kg über eine Entfernung von 600 bis 900 km zu tragen. Die wichtigste Bedingung hierbei war allerdings, das dieser Flugkörper unabhängig von stationären Kampfstellungen sein musste; also mobil von jedem beliebigen Punkt zum Start gebracht werden konnte.

Die Firma MARTIN-MARIETTA CORP. in BALTIMOR hatte dann Mitte 1947 die Konstruktionspläne ihres Flugkörpers mit der internen Bezeichnung "XB 61" am besten gelöst und der USAF ein überzeugendes Konzept eingereicht, dass zur Auftragsvergabe führte. Da die Gefahr eines neuen Krieges zu dieser Zeit nicht bestand, sah die USAF zunächst nur vor, 12 Vorserienmuster zur Erprobung bei MARTIN-MARIETTA fertigen zu lassen. Kürzungen der Mittei zwangen zur Streckung der Termine und der Stückzahl der Erprobungsflugkörper. Im Frühjahr 1948 wurden die ersten sechs Exemplare der USAF zur Erprobung, jetzt mit der Bezeichnung „TM-61 A1", angeliefert. (TM = Tactical Missile)

Der Flugkörper ähnelte einem unbemannten, mit Strahlturbine ausgerüsteten Flugzeug, und konnte sowohl mit konventionellem als auch mit nuklearem Gefechtskopf eingesetzt werden. Die konventionelle Option war wegen unzureichender Treffgenauigkeit jedoch nicht sinnvoll.

Das System arbeitete mit einem - störbaren - Kommandolenkverfahren (AN-MSQ 1). Die notwendige RADAR-Sichtverbindung (direkte Luftlinie) begrenzte die operative Reichweite des Systems zunächst auf ca. 400 Kilometer bei einer Flughöhe von ca. 11.000 Meter.

Aufgabe eines kreiselgestützten Flugreglers - vergleichbar einem Autopiloten - an Bord war, Kurs und Lage des Lenkflugkörpers stabil zu halten, durch Funk übermittelte Korrekturbefehle auszuführen sowie das Kraftstoffsystem und das Triebwerk zu überwachen. Kurskorrekturen konnten über Störklappen auf den Tragflächenoberseiten, Korrekturen der Flughöhe über das verstellbare Höhenleitwerk bewirkt werden.

Martin Marietta hatte für die Matador einen Transport-Trailer mit hydraulischer Abschussbasis hergestellt, der von dem schweren Army-Sattelschlepper M 52 bewegt wurde. Die Reichweite des Flugkörpers war für die inländischen Erprobungsplätze zu gross und daher wurden die Testflüge auf die PATRICK-AFB bei Cocoa Beach in Florida - dem Kern des späteren Cape Canaveral - verlegt. Die Erprobung verlief für die USAF und für die Techniker von Martin-Marietta zufriedenstellend, allerdings war man mit der Reichweite, die nur knapp 400 Km betrug, nicht einverstanden, was zahllose Veränderungen und Umbauten nötig machten. Schließlich konnten danach mit dem Einbau der Allison-Jet-Turbine J33-A-37, die auch im „T-Bird" T 33, dem Trainingsflugzeug für Jet-Piloten schlechthin, und einem stärkeren Startbooster von 222 kN die geforderten 900 - 1000 km erreicht werden.

Gestartet wurde der Flugkörper von dem o.g. Startgerät aus, auf dem er schräg nach oben zeigend montiert war. In der Startphase wurde das Triebwerk durch eine Starthilfsrakete (Boosterrakete) unterstützt, bis der Flugkörper Fluggeschwindigkeit erreicht hatte. Er beschleunigte dann weiter auf Reisegeschwindigkeit und flog autonom zu einem vorbestimmten Übergabepunkt. Dort wurde der bordseitige Empfänger aktiviert.

Am Boden wurde der Flugweg laufend durch RADAR (MSQ 1) verfolgt. Bei Erreichen des Übergabepunktes wurde der Flugkörper durch Befehle des MSQ-1 auf Zielkurs gebracht. Abweichungen im Flugverlauf führten zu Korrekturbefehlen.

Der Flugkörper flog mit konstanter Triebwerksleistung. Seine Geschwindigkeit wurde durch Veränderungen der Flughöhe ebenfalls konstant gehalten. Da der Flugkörper mit zunehmender Flugdauer wegen des Kraftstoffverbrauchs leichter wurde, bedeutete dies in der Praxis, dass die Flughöhe im Flugverlauf zunahm.

Bei Annäherung an das Ziel wurde der Gefechtskopf durch ein Funksignal vorgeschärft. Bei Erreichen einer vorberechneten Position wurde der Flugkörper durch ein weiteres Funksignal veranlasst, in einen Sturzflug überzugehen. Der Gefechtskopf wurde scharf und detonierte im Ziel.

Der Koreakrieg, der im Juli 1950 begann, brachte für Martin-Marietta schließlich die Freigabe zur Produktion der Großserie, die nun die Bezeichnung "TM-61 C" bekam. Die erste USAF-Flugkörper-Staffel wurde am 1. Oktober 1951 auf der Holloman AFB gebildet und mit der „TM-61 C" ausgerüstet. Während des Koreakrieges kam dieses Waffensystem allerdings aus taktischen Gründen nicht zum Einsatz.

Im Frühjahr 1954 wurde die 1. und 3. Staffel der “Tactical-Missile-Squadrons” erstmals außerhalb der USA verlegt. Erster im Ausland bestimmter Standort wurde die Bundesrepublik Deutschland und hier bot sich die Eifel als ideales Gebiet an. 72 Exemplare der "TM-61 C“ waren dort bis 1962 in ständiger Gefechtsbereitschaft. Andere Stützpunkte im Ausland für dieses Waffensystem waren Südkorea, Taiwan und Okinawa. Insgesamt erhielt die USAF ca. 1000 Matador-Flugkörper. Der Stückpreis einer TM-61 C Matador betrug im Jahr 1958 $ 132.000. Dieser Preis versteht sich ohne Gefechtfahrzeuge; wie mobiles Radar MSQ 1, Funkführungsfahrzeug, Kampfführungsanlage, Generatoranhänger, Kranfahrzeug M-108, Semitrailer mit Zugmaschine, Launcher (Startgerät} und einem Werkzeug- (Maintenes) 2,5 to Lkw M-109.

Die Bundeswehr erhielt mit dem Luftwaffenaufstellungsbefehl Nr. 253 am 1 September 1963 den Auftrag, das Flugkörpergeschwader 1 in Dienst zu stellen. Keimzelle des neuen Verbandes war die damals in kAUFBEUREN stationierte Flugkörpergruppe 11, die schon seit 1958 bestand und zusammen mit der Ff ugkörpergruppe 12 seit dieser Zeit mit insgesamt 20 "TM-61 C Matador" ausgerüstet waren. Es wurden auch verbunkerte Silos bei Idenheim und Rittersdorf gebaut, aus denen die Flugkörper abgeschossen werden konnten. Identische Anlagen gab es auf der japanischen Inselgruppe Okinawa.

Die Ausbildung für dieses Waffensystem fand für beide Gruppen wechselseitig bei der US-Air Force in HAHN, bzw. bei der Lehrgruppe A an der TSLw 1 in KAUFBEUREN statt, Der Befehlsstab der “11" und „12" hatte seine Kommandostelle in LANDSBERG / LECH.

Im Übungseinsatz ausserhalb militärischer Anlagen wurden in der BRD grundsätzlich keine Flugkörper mitgeführt. Bei der Ausbildung wurde der Flugkörper durch bemannte Flugzeuge dargestellt, die die entsprechenden Korrekturbefehle erhielten und ausführte. Zur Verständigung mit den fliegenden Besatzungen verfügte die 2. Staffel über ein besonderes Funkfahrzeug mit Geräten für den Flugfunk.

1962 wurde die "TM-61 Matador", von der ca. 1200 Stück gebaut wurden, nach und nach ausgemustert und sollte zunächst durch den Marschflugkörper „MACE", ebenfalls von Martin-Marietta, ersetzt werden. Das BMVg entschloss sich dann allerdings diese Stufe zu überspringen und forcierte die Beschaffung der Mittelstreckenrakete „Pershing 1A”.